Golddorf Mellen organisiert sich selbst
WP 25.11.2013 von Claudia Heinemann
Die Bürger in Mellen nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand, damit ihr Dorf lebenswert bleibt.Foto: Claudia Heinemann
Mellen. Seit einem Jahr steht das Golddorf Mellen ohne Oberhaupt da. Von der Stadt fühlen sich die Bürger vernachlässigt. Nun nehmen sie ihr Schicksal in die Hand: Sie haben ein in der Kommune einzigartiges Projekt gestartet.
Not macht erfinderisch, heißt es im Volksmund. Dieser Leitspruch gehört auch in Mellen zur Tagesordnung. Seit einem Jahr steht das Golddorf ohne Oberhaupt da, ist quasi führungslos. Und mehr noch: Auch von der Stadt fühlen sich viele Dorfbewohner vernachlässigt. Die öffentlichen Flächen und das Inventar, wie etwa die Buswartehäuschen, werden aus Geld- und Zeitmangel nur unzureichend gepflegt und instand gehalten. Ein Zustand, mit dem man sich abfinden kann, aber nicht muss.
Den Mellenern ist die Situation schon lange ein Dorn im Auge. Um dies zu ändern, hatten sie nur zwei Möglichkeiten: Meckern, oder die Angelegenheit selbst in die Hand nehmen. Die Bewohner entschieden sich für Letzteres und haben damit ein Projekt gestartet, das im gesamten Stadtgebiet einzigartig ist: Das Dorf organisiert sich selbst.
Patenschaften für bestimmte Bereiche wie etwa den Homert-Parkplatz wurden übernommen und Arbeitsgruppen zur Pflege gegründet. Kurzum: Der fehlende Ortsvorsteher wird durch viele engagierte Bürger ersetzt, die gemeinsam die Zügel in die Hand nehmen, um einen neuen Kurs einzuschlagen.
„Niemand ist Chef"
Unter der Federführung von Siggi Drees und Raimund Vedder-Stute, die die Listen erstellen und Rundmails schreiben, hat sich ein Team von etwa zwei Dutzend festen Helfern gruppiert, die in ihren Arbeitsgruppen durch Gruppenleiter organisiert werden. „Wobei gesagt werden muss, dass niemand Chef ist. Es muss nur einen geben, der die Leute auch zusammentrommelt", erklärt Anne Hermanns das Prinzip.
Ideengeber des Konzeptes war seinerzeit noch Ortsvorsteher Christoph Rüth. „Unser Ortsvorsteher hatte damals schon angeregt, Arbeitsgruppen zu gründen, um die im Ort anfallenden Aufgaben auf mehrere Schultern zu verteilen und den Ortsvorsteher etwas zu entlasten", erklärt Reinhard Schmidt. Hinzu kommt, dass er als ehemaliger Stadtkämmerer auch weiß, dass die Stadt nicht alles leisten kann. „Deshalb wollen wir uns nicht länger darauf verlassen, sondern kümmern uns selbst, damit wir uns in Mellen auch weiterhin wohl fühlen können."
Arbeit schweißt zusammen
Neben dem eigentlichen Ziel der insgesamt sieben gegründeten Arbeitskreise im Golddorf, die von der Grünflächenpflege bis hin zur Betreuung der Anschlagtafeln nahezu alles umfassen, hat das ehrenamtliche Engagement der Bewohner noch einen weiteren positiven Nebeneffekt: „Die Arbeit schweißt uns zusammen", weiß Anne Hermanns, und Theo Drees bestätigt: „Es stärkt den Zusammenhalt."
Und zwar über Generationen hinweg. „Denn auch sehr viele junge Leute dabei, nicht nur wir alten Säcke", berichtet Schmidt. So liegt die Pflege und Instandhaltung der Arbeitsgruppe „Entenhaus" beispielsweise in den Händen der Mitte-Zwanziger-Generation.
Neben dem Arbeitskreis „Martinsmarkt" gehört die Gruppe „Jugendraum", der Eva Rüth vorsteht, zu den größten Projekten, die bislang erfolgreich realisiert wurden. Durch ihr Engagement und das vieler weiterer Dorfbewohner ist für die Jugend in Mellen auf dem Hof-Vedder-Stute ein Domizil für die Dorfjugend entstanden, in dem sich der Nachwuchs etwa zum Kicker-Spielen, zu Gesprächen oder anderen Aktivitäten verabreden kann. Möglich wurde der Jugendraum durch zahlreiche Sach- und Geldspenden sowie durch die Hilfe vieler Hände. „Das ist das Schöne an den Arbeitskreisen. Weil so viele mitmachen, hat jeder nur eine kleine Aufgabe zu bewerkstelligen", berichtet Eva Rüth.
Paten für Parkbänke gesucht
Der einzige Bereich, der noch vakant ist, betrifft die Parkbänke in und um Mellen. Hierfür werden noch Paten gesucht. „Wir hoffen jedoch, dass wir bei unserem Treffen am Dienstag, 27. November, genügend Freiwillige zusammen bekommen, um einen weiteren Arbeitskreis ins Leben zu rufen, der sich um die Pflege der Bänke kümmert", sagt Reinhard Schmidt. Die Arbeitszeit ist jedenfalls überschaubar. „Wir treffen uns nämlich nicht zu festen Zeitpunkten, sondern nur, wenn mal Bedarf besteht", ergänzt Drees.
Und auch die bereits bestehenden Arbeitskreise würden sich noch über Zuwachs freuen. „Es wäre schön, wenn sich noch viel mehr Bewohner beteiligen würden", appelliert Schmidt an alle Golddörfler, die Interesse haben, dass Mellen auch in Zukunft ein lebenswerter Fleck im Balver Stadtgebiet bleibt.